Im Mai 2016 urteilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (Urteil v. 31. Mai 2016, 1 BvR 1585/13) im Zusammenhang mit der Verwendung geringfügiger Tonsequenzen, dem Sampling.

Ausgangspunkt für dieses Verfahren war ein langer währender Rechtsstreit zwischen zwei Gründungsmitgliedern der Band „Kraftwerk“ und dem Produzenten Moses Pelham. Im Song „Nur mir“, gesungen von der Künstlerin Sabrina Setlur, verwendete Pelham ohne Erlaubnis eine kurze Tonsequenz aus dem Titel „Metall auf Metall“ der Gruppe „Kraftwerk“. Dagegen klagten die Gründungsmitglieder, da sie ihre Rechte an dem Titel als verletzt ansehen. Sie stützten ihre Klage unter anderem auf eine Verletzung ihrer Rechte als Tonträgerhersteller der Aufnahme. Der Rechtsstreit ging bis vor den Bundesgerichtshof. Mit der Forderung nach Unterlassung und Schadensersatz behielten die Gründungsmitglieder der Band „Kraftwerk“ die Oberhand.

Dagegen erhoben Pelham, Setlur und weitere Künstler Verfassungsbeschwerde. Kernfrage des Verfahrens war, ob das Sampling durch die Freiheit der Kunst gem. Art. 5 Abs. 3 GG geschützt ist oder dabei Urheber- und Leistungsschutzrechte zu beachten sind. Das Bundesverfassungsgericht band eine Reihe von Musikwissenschaftlern in das Verfahren ein, um das Sampling besser bewerten zu können. Am Ende des Verfahrens entschied es, dass die Stilrichtung Hip-Hop durch das Verwenden von Samples geprägt sei. Daher sei der „experimentell synthetisierende Schaffensprozess“ zu schützen. Das BVerfG schränkt mit dieser Entscheidung Urheber- und Leistungsschutzrechte zu Gunsten der Kunstfreiheit ein. Eine vorherige Nachfrage bei den Urhebern oder der Erwerb einer Lizenz beim Tonträgerhersteller sind demnach nicht notwendig.

 

Folgen des Urteils für die Praxis

Befürworter des Urteils sehen darin einen Freifahrschein für das Sampling. Dem ist wohl nicht so. Denn das Bundesverfassungsgericht hat dem Sampling auch Grenzen gesetzt. Und zwar dann, wenn das neue Werk so starke Ähnlichkeit zu dem ursprünglichen Werk aufweist, dass von einer Konkurrenz beider auszugehen ist. Die Grenze ist also dann erreicht, wenn ein Sample lediglich für das Erstellen eines Plagiates verwendet wird. Außerdem erachtet das BVerfG nur „kleinste Tonsequenzen“ als schützenswert. Offen bleibt, wie es sich bei längeren Tonsequenzen verhält. Nicht außer Acht zu lassen sind außerdem die Regelungen auf europäische Ebene. Die EU erließ eine Urheberrichtlinie, anwendbar auf Nutzungshandlungen ab dem 22.12.2002. Ungeklärt ist bisher, inwieweit deutsches Recht, vor allem die Grundrechte, neben der Urheberrichtlinie anwendbar ist.

Abschließend kann man sagen, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wohl nicht die letzte Entscheidung zum Thema Sampling gewesen ist. Rechtssicherheit in den komplexen Rechtsfragen des Sampling besteht weiterhin nicht.

Es wird dazu geraten vor dem Sampling zu klären, ob Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte bestehen.

Janik Dörr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.