Der Bundesgerichtshof hat sich erneut mit Haftungsfragen bei Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing beschäftigt. Unter anderem wurde dabei eine Leitlinie zur Bestimmung der Höhe von Abmahnkosten für die Musik- und Filmindustrie festgelegt.
Insgesamt urteilte das oberste deutsche Gericht in sechs Fällen (I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15, I ZR 86/15) zur Haftung wegen Teilnahme an Internet-Tauschbörsen (Filesharing).
Haftung für Dritte
Von besonderer Bedeutung sind dabei die Feststellungen des BGH in Bezug auf die Haftung des Inhabers eines Internetanschlusses für das Verhalten Dritter.
Wer beispielsweise Mitbewohnern oder Gästen den Zugang zum Internet ermöglicht, muss diese nicht vorsichtshalber darüber belehren, dass die Teilnahme an Internet-Tauschbörsen nicht erwünscht ist. Der BGH hält eine solche Belehrung nicht für zumutbar, solange keine konkreten Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung bestehen.
„Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht“, heißt es in der Pressemitteilung des BGH.
Beruft sich hingegen ein Familienvater darauf, dass seine Ehefrau und seine Kinder Zugriff zum Computer hatten, genügt dies nicht zur Entlastung, wenn weder die Mutter noch die Kinder ernsthaft für die Begehung der Urheberrechtsverletzung in Frage kommen, so der BGH (I ZR 48/15).
Ansonsten gilt für Eltern weiterhin: Wurde das minderjährige Kind ausreichend über das Verbot der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen belehrt, haften Eltern nicht für den illegalen Austausch (Urt. v.15.11.2012, Az.: I ZR 74/12). Eine Verpflichtung zur Überwachung der Aktivitäten des Kindes im Internet besteht grundsätzlich nicht.
Die Eltern haften für die Teilnahme ihrer minderjährigen, sowie volljährigen Kinder nur, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen (Urt. v. 08.01.2014, Az. I ZR 169/12). Muss man beispielsweise aufgrund einer Abmahnung davon ausgehen, dass Tochter oder Sohn den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen, ist man verpflichtet einzuschreiten.
Abmahnkosten
Außerdem entschied der BGH in mehreren Fällen (I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 44/15) über die Ansetzung des Streitwerts, welcher für die Höhe der Abmahnkosten maßgeblich ist.
Pauschal angesetzte Gegenstandswerte lehnte das Gericht dabei ab und hob mehrere Urteile von Vorinstanzen auf. Insbesondere die Festsetzung des Streitwerts auf die doppelte Höhe der anzunehmenden Lizenzgebühr wurde dabei gerügt.
Entscheidend für den Streitwert sei der Wert des verletzten Urheberrechts. Zu beachten seien dabei Faktoren, wie Aktualität, Popularität, Dauer der Rechtsverletzung und die subjektiven Umstände des Beklagten. Für einen „durchschnittlichen Film“ solle der Gegenstandswert „nicht unter 10.000€“ liegen.
Janik Dörr