Während des Landtagswahlkampfs in Thüringen im Sommer 2014, spielte die NPD unter anderem den Song „Atemlos“ von Helene Fischer ab. Damit zeigte sich die Sängerin nicht einverstanden. Unter Berufung auf ihre Künstlerpersönlichkeitsrechte klagte sie vor dem Landgericht Erfurt. Zunächst sprach das Gericht eine Unterlassungsverfügung aus, wies den Antrag von Frau Fischer jedoch nach Widerspruch der NPD zurück. In der Begründung hieß es, es sei nicht davon auszugehen, dass ein unbefangenes Publikum die Sängerin mit den Wahlkampfbemühungen der Partei in Verbindung bringe.
Gegen diese Entscheidung legte die Sängerin Berufung beim Oberlandesgericht Jena ein. Das OLG Jena gab Helene Fischer in seinem Urteil recht (Urteil v. 18.3.2015, Az. 2 U 674/14).
Das Gericht stützte den Unterlassungsanspruch von Frau Fischer auf eine Beeinträchtigung nach §75 UrhG. Das Abspielen des Lieds „Atemlos“ sei in der konkreten Situation geeignet gewesen, das Ansehen oder den Ruf der Sängerin als ausübende Künstlerin zu gefährden. Ein dafür erforderlicher, nachteiliger Zusammenhang ergäbe sich daraus, dass das Lied als „Stimmungsmacher“ eingesetzt wurde und somit dem Zweck der Veranstaltung diente. Frau Fischer konnte das Gericht davon überzeugen, dass nicht auszuschließen sei, dass ein unbefangener Durchschnittsbeobachter sie aufgrund des Abspielens des Songs „Atemlos“ mit der NPD in Verbindung bringen könne. Dies lies das OLG für eine Ansehensgefährdung genügen.
Das ausgerechnet die NPD das Lied verwendet hatte, war für die Entscheidung des Oberlandesgericht Jena jedoch nicht wesentlicher Entscheidungsgrund. Es komme nicht maßgeblich darauf an, welche politische Partei ein Lied nutzt. Als weiteres Beispiel kann die CDU genannt werden. Nach der letzten Bundestagswahl nutzte die Partei das Lied „Tage wie diese“, als Art Siegeshymne, und zog so den Unmut der Toten Hosen auf sich.
Grundsätzlich muss sich jeder Künstler, der sich in der Öffentlichkeit unpolitisch gibt, vor Verwendung seiner Lieder schützen können. Um weiteren Rechtsstreiten vorzubeugen, sollten politische Parteien in Zukunft die Einwilligung von Künstlern einholen, bevor sie deren Lieder im Rahmen von politischen Veranstaltungen abspielen.
Janik Dörr