Martin Hennecke ist Paukist und Schlagzeuger beim Saarländischen Staatsorchester und hat mich nach der SAMM Music Week vor Kurzem zu einer Führung durch das Saarländische Staatstheater eingeladen. Diesen Moment habe ich natürlich für ein Interview über ihn als Musiker genutzt!
Anna:
Hi, heute hast du uns zu einer Führung durch das Saarbrücker Staatstheater eingeladen! Ich nutze deshalb die Gunst der Stunde: Martin, wer bist du und was machst du beruflich?
Martin:
Ich bin Martin Hennecke und spiele seit 12 Jahren Pauke und Schlagzeug im Saarländischen Staatsorchester. Außerdem mache ich Percussion-Shows mit Percussion Under Construction, komponiere und unterrichte an der HfM Saar.
Anna:
Wie bist du zu der Stelle im Saarbrücker Staatstheater gekommen?
Martin:
Also wenn eine Stelle bei uns im Staatsorchester frei ist, dann wird die auf bekannten Online-Portalen für Orchestermusik ausgeschrieben. Dann bewerben sich meist um die 300 Leute, dann werden davon 40 Leute zum Probespielen eingeladen. Da sitzt dann das ganze Orchester, es gibt eine erste, zweite und dritte Runde und das Orchester stimmt demokratisch ab, wer weiterkommt und am Ende bleibt einer übrig. So war das bei mir auch! Eine Stelle ist dann für 40 Jahre besetzt. Also kannst du dir ja ausrechnen: Bei 4 Schlagzeugern ist ca. alle 10 Jahre eine Stelle frei.
Anna:
Wann hast du angefangen, Schlagzeug zu spielen und welche Tipps hast du für Anfänger?
Martin:
Ich habe, so wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen, sehr früh angefangen. Mit 6 Jahren! Und ich musste vorher ein halbes Jahr Klavier spielen. Also meine Eltern haben gesagt, bevor du Schlagzeug spielen darfst, musst du erst Klavier spielen. Es war ihnen eben sehr wichtig, dass ich musikalische Bildung erhalte! Ich weiß noch: Damals habe ich das Klavierspielen gar nicht gemocht und war dann froh, endlich Schlagzeug spielen zu dürfen. Im Nachhinein bin ich aber total dankbar, weil ich durch das Klavierspielen richtig Notenlesen gelernt habe. Dadurch fiel mir dann der Übergang von Schlagzeug zu Marimba viel leichter!
Meine Tipps für jemanden, der ein Instrument von Grund auf neu erlernen möchte, wären: Sich einen richtig guten Lehrer suchen und üben, üben, üben!
Anna:
Dann kommen wir auch schon zur nächsten Frage! Welche Tipps hast du für angehende Berufsmusiker?
Martin:
Ich glaube, was in unserem Bereich immer wichtiger wird, ist Selbstmanagement, eben, dass man sich selbst um seine Sachen kümmern muss. Das machen immer weniger andere Leute für einen und das muss man auf jeden Fall selbst lernen. Im Studium liegt der Schwerpunkt jedoch oft rein auf den musikalischen und fachlichen Fähigkeiten, also „nur“ dem Spielen sozusagen. Ich glaube, dass wir uns da als Musikerinnen und Musiker alle noch breiter aufstellen sollten. Es wird immer wichtiger, dass man auch all die Sachen lernt, die drumherum so anstehen, auch sowas wie die Steuererklärung für freischaffende Musikerinnen und Musiker. Auch andere Aspekte wie das Zwischenmenschliche und die Sozialkompetenz sind nicht zu unterschätzen! Gerade in unserem Orchester ist das super wichtig! Gerade, wenn man 40 Jahre lang fast jeden Tag dicht aufeinander hockt, da ist es auch sehr wichtig, sich mit solchen Sachen zu beschäftigen.
Anna:
Welche Musik machst du am liebsten?
Martin:
Also ganz ehrlich: Wenn ich nach 8 Stunden Musik am Tag zu Hause bin, genieße ich auch einfach gerne die Stille. Aber prinzipiell mach ich vieles gerne: Ich spiele total gerne Oper, deshalb bin ich auch im Opernorchester! Ich spiele und höre gerne Jazz. Und ich muss dazu sagen, dass es aus meiner Sicht in durchweg jedem Bereich Künstlerinnen und Künstler gibt!
Anna:
Was hättest du bereits gerne vor deiner Musikkarriere gewusst?
Martin:
Am liebsten solche banalen Sachen wie „Wie gehe ich mit Nervosität um?“ oder „Wie bleibe ich während meines beruflichen Stresses physisch und psychisch fit?“, aber auch grundlegende Dinge wie „Wie gehe ich mit sozialen Situationen im Orchester um?“, zum Beispiel um mich mit anderen in der Szene zu vernetzen und in einem positiven Austausch mit ihnen zu stehen. Das sind Dinge, die ich vorher gerne gewusst hätte!
Anna:
GEM SESSIONS spezialisiert sich, wie du ja vielleicht schon weißt, auf Schmuck aus recycelten Schlagzeugbeckenteilen, deshalb noch ein paar Fragen über dich als Drummer. Welches Genre hat dich als Teenager am Schlagzeug am meisten gereizt?
Martin:
Als Teenager habe ich viel Jazz gehört. Ich war in der Schule in einer Jazz-Band, die wir damals mit Freunden gegründet hatten. Dafür habe ich damals auch schon komponiert und einen Preis bei „Jugend komponiert“ erhalten! Ist in unserem Alter eher eine Seltenheit gewesen, dieses Genre zu mögen. Ich glaube, wir waren in unserer Klassenstufe gerade mal insgesamt 4 Leute, die das aktiv gehört und gespielt haben!
Anna:
Ich würde auch gerne Schlagzeug spielen lernen, aber habe aktuell keine Möglichkeit, an einen Proberaum ranzukommen und will unsere Nachbarn nicht damit nerven. Hast du da einen Lösungsvorschlag für mich?
Martin:
Es gibt mittlerweile E-Drum-Sets, die gar nicht so schlecht sind. Da kann man dann über Kopfhörer spielen! Oder man teilt sich mit einer Band einen Proberaum, die proben meist sowieso eher abends. Diese Räume sind oft auch gar nicht so teuer, wie man denkt. Auch Musikvereine stellen zudem gerne ihre Räumlichkeiten zur Verfügung.
Anna:
Was muss ich noch so beachten, wenn ich Schlagzeug spielen lernen möchte?
Martin:
Dass du immer ganz viel mit dir rumschleppen musst 😉
Anna:
Was war bisher dein Lieblingsauftritt im Saarbrücker Staatstheater?
Martin:
Das ist super schwierig zu sagen, da wir pro Jahr 180 Auftritte im Staatstheater haben. Woran ich mich aber noch besonders gut erinnere, ist die Erstaufführung von Dr. Atomic. Oder vor Kurzem Der Rosenkavalier, den fand ich auch sehr toll! Dieses Flair spüre ich eigentlich immer dann, wenn ich merke, dass Orchester, Bühne, Technik und all das gut ineinandergreift!
Anna:
Beschreibe die Orchesterlandschaft Deutschlands mit einem einzigen Wort und begründe!
Martin:
Einzigartig!
Einzigartig, weil wir 129 Orchester in Deutschland haben, das ist fast ein Viertel aller Orchester auf der ganzen Welt! Es ist einfach was total Besonderes, dass wir sowas haben und das ist auch historisch so gewachsen. Das ganze hat seine Ursprünge auch im Föderalismus. Ich sag immer so schön: Man kann in Deutschland innerhalb von 10 Minuten mit dem Fahrrad zur Zauberflöte fahren! 😉